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Pfarrer Johann Georg Hummel 1808-1888

Unter den Vorarlberger Priesterpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts spielt Johann Georg Hummel aus Bregenz eine ganz außergewöhnliche Rolle. Dies ist aber nicht wegen einer besonderen kirchlichen mterkarriere, sondern wegen seiner Haltung in politischen Fragen, seinen außerpriesterlichen Beschäftigungen, wegen seiner Weltläufigkeit und gleichzeitigen Verbundenheit mit seiner Vaterstadt Bregenz der Fall.

Geboren 1808 als Sohn eines armen Gerbers, fiel er bereits in der Bürgerschule durch besondere geistige Gaben auf. Dadurch eröffnete sich ihm die Chance zu einem Studium mit Hilfe kirchlicher Förderung, deshalb natürlich Theologie. 1834 fand in Bregenz seine Primiz statt und nach einer Aushilfsstelle in Bregenz wurde Hummel 1837 Pfarrer in Schröcken. Mit großem Engagement wirkte er in den folgenden Jahren auf diesem entlegenen Posten, ehe er sich nach Bildstein verbesserte. Hier wie dort dokumentierte er sein historisches Interesse, indem er ausführliche Pfarrchroniken anlegte und führte. Im Revolutionsjahr 1848 fand sich der Bildsteiner Pfarrer anfänglich auf der Seite der liberalen Bürger, engagierte sich publizistisch, bei der Bürgerwehr und im 'demokratischen Club', ehe er sich 1849 dem Kreishauptmann und dessen pragmatischer Politik annäherte, nachdem die Feldkircher Liberalen unter dem Industriellen Carl Ganahl die Verlegung des Kreisamtes von Bregenz nach Feldkirch betrieben. Hummel erwies sich nun als der heftigste publizistische Kämpfer gegen dieses Vorhaben. Dieses Engagement war ein Mitgrund dafür, dass er 30 Jahre später zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt ernannt wurde.

Im März 1859 gab der Pfarrer seinem Leben eine entscheidende Wende: Wie etliche andere Vorarlberger Priester folgte er dem Ruf des Brixener Paters Raffeiner, der als Generalvikar des Bischofs von Brooklyn für die Betreuung der seit 1850 massenhaft in die USA einwandernden deutschen Katholiken verantwortlich war. Die Querelen rund um seine offene politische Haltung und die Attraktivität der Neuen Welt dürften die Hauptursachen für die Auswanderungsentscheidung gewesen sein. Doch schon nach fünf amerikanischen Jahren kehrte der "freiresignierte Pfarrer" von St. Bonifaz in Brooklyn in seine alte Heimat zurück.

Nach seiner Rückkehr trat Hummel kein geistliches Amt mehr an. Nun widmete er sich gänzlich seinen Vorlieben: Er ordnete und systematisierte die zahlreichen Urkunden des Landesmuseumsvereins und publizierte Regesten zu den gesamten Beständen, brachte dann ebenso Ordnung in das Bregenzer Stadtarchiv und begründete schließlich aus eigenen Mitteln die erste wissenschaftliche Wetterbeobachtungsstation in Bregenz.

Auch im Bregenzer Vereinsleben war Pfarrer Hummel bis zu seinem Tod am 27. Mai 1888 sehr aktiv. Den Mitgliedern des "Arbeiter-Bildungsvereins" erteilte er "unentgeltliche Unterrichtsstunden" und für den Bodensee-Geschichtsverein war er als "Pfleger" für Vorarlberg tätig. Das waren allesamt bürgerlich-liberale Gründungen. In der Mitgliederliste des katholisch-konservativen "Bürger-Kasinos" taucht Hummel als einziger Bregenzer Geistlicher nicht auf. Seine politische Heimat hatte er also auch nach seiner Rückkehr aus Amerika bei den gemäßigten Liberalen. In seinem Nachruf wurde er als "hochgebildeter, freisinniger Mann" bezeichnet, eine durchaus ungewöhnliche Charakterisierung für einen Geistlichen aus der Brixener Schule. M.P.

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Bild: Johann Georg Hummel
Johann Georg Hummel